von Sascha Gala Mikic

Wer den Sommer jetzt schon einläutet: Alas the Sun – Out for Something

Die neue Single des Duos kennzeichnet das Debüt der Sängerin Nuria und trägt einen nachfühlenden Titel. Denn jetzt, wo Covid offiziell vorbei ist (Ironie) und wir endlich wieder etwas Normalität geniessen können, sind wir draussen und «out for something». Am besten wäre dieses «somethig» ein Schluck Bier oder Chinotto in einer Bar, mit Lichterketten über unseren Köpfen und in Hörweite des Plätscherns eines Sees. Denn wie es das Szenario bereits andeutet, das Zürcher Duo macht Indie-Pop Musik, die sich fabelhaft als Soundtrack für den bevorstehenden Sommer eignet. Die Harmonien fliessen wunderbar unkompliziert und verspielt ineinander und erfüllen uns mit einer Vorfreude auf das diesjährige Debütalbum der Band.

Wer die Zeit zurückgedreht und das Beste daraus gemacht hat: Ocevne – Wingu

Ob Buffalo-Kniescheibenbrecher oder Lip Gloss, die Nuller sind seit geraumer Zeit wieder zurück – das beweist die 24-jährige Genferin auf ihrer neuen EP «Wingu» (Swahili für «Wolke»). Darin verarbeitet sie selbstbewusst Themen wie Beziehungen und das Frausein mit einem einmaligen Gespür für die Art von R&B, wie wir ihn kennen und vermissen: saftige Beats und sinnliche Melodien. Und noch nostalgischer wirds für uns, wenn sie dabei mit Tayc kollaboriert – wie Nelly und Kelly Rowland anno dazumal.

Auf wessen Schiff wir am liebsten die sieben Meere durchkreuzen wollen: Pamplona Grup – Teppich

Stellt euch vor, Manu Chao, die Gypsy Kings und Mich Gerber beschliessen, gemeinsam textlose Hintergrundmusik für eine immersive Theatervorstellung von Pippi Langstrumpf zu produzieren – wobei Pippi nun älter ist und auf der Bühne eines dunklen, unterirdischen Theaters zu Kerzenlicht und eine Kippe nach der anderen piefend ihre «I’ve seen some shit»-Piratengeschichten erzählt. Genauso experimentell klingt das neue Album der Pamplona Grup und wärmt uns mit seinen abenteuerlichen Klängen die Lauscher bevor wir auf hoher See gen Frühling steuern.

Wer wie ein Blitzeinschlag unsere Sinne betäubt: Black Sea Dahu – I Am My Mother

Folk is not dead! Noch viel besser, Folk is wandelbar! Lange sehnten wir uns danach, einmal mehr von den Liedern der Black Sea Dahu mitgerissen zu werden und diesmal in ein Tohuwabohu an Genres zu landen. Doch inmitten eines musiktechnischen Fühlerausstreckens bleibt eines beständig: Janines unverwechselbare Alt-Stimmlage. Das Album birgt einen Sturm in sich, dessen Melodien versuchen, den Weg zur goldenen Mitte im Leben und auf unserem Planeten ausfindig zu machen. Jedoch muss man diesen nicht bestreiten denn, in Janines Worten, «die Dinge gehen nicht auf und ich versuche, das mit meiner Musik zu erzählen».

Welche Lobesrede eines einsamen Cowboys wir ins Herz schliessen: Morse – Driven By Clouds

Die Single ist ein Projekt, welches der Westschweizer allein auf die Beine gestellt hat; soll heissen, Morse hat «Driven By Clouds» in seinem Homestudio in Lausanne aufgenommen und gemischt. Dass dieses Projekt somit sehr persönlich ist, merkt man auch, wenn man auf den Songtext achtet. Dieser widmet sich an all jene geliebte Menschen, die dieses Leben zu früh verlassen haben. Der somit entstehenden Einsamkeit wird Trost gespendet durch Morses tiefe Stimme, schwer wummernden Beats und sich wiederholenden Gitarrenriffs – alles eingetaucht in einer Prise Prärie-Sound. Ein bisschen wie DARKSIDE meets Mazzy Star meets Everlast.

Wer völlig looosgelöööst von der Eeeerde schwebt: Kyrah – Wanderlust

Obwohl Kyrah letztes Jahr bereits eine EP veröffentlicht hat, sind wir überzeugt, dass sie mit ihrer neuen Single richtig durchstartet und zwar gen Universum: Wenn man sich das Video zu ihrer Single anschaut, dann kommen ganz viele Planeten, Galaxien und Sterne darin vor. Wie ein Astronaut schwebt man durch das Weltall und entflieht den irdischen Fesseln. Kyrah selbst sagt, ihre Single beschreibe ein Fliehen vor dem Alltag und wir stimmen dem zu; visuell wie auch akustisch. Der Schwerpunkt wird auf ihre sanfte und doch zugleich bestimmte Stimme gesetzt, die uns hoffnungsvoll und federleicht in einen fast vierminütigen Eskapismus begleitet.

Wer uns wie ein French Girl malen darf: Gaspard Sommer – Les Couleurs Pastel

Manchmal fühlt sich das Album an wie Geborgenheit, die man morgens im weichen Bett verspürt, exakt zwei Sekunden nach dem Aufwachen. Genauso weich wie Pastelfarben, eben. «Les Couleurs Pastel» lädt uns zum Verliebtsein ein und fordert uns auf, mal einfach eine Pause zu machen. Wie es der Name bereits verrät, so ist das Album des Genfers jedoch auch facettenreich, sodass seine Pop-Landschaft von Hip-Hop-Füchsen, Trap-Schafen und R&B Vögeln durchgestreift wird.

Wer unsere alte Knochen wieder in Bewegung bringt: Tawnee – are you entertained?

Fast schon provokativ könnte man den Albumtitel verstehen; so als ob die zehn Jahre, seit die Band gegründet wurde und an zahlreichen Orten die Lauscher ihrer Fans warm hielt, nicht genug seien. Darauf lautet die Antwort ganz klar: nein! Wir wollen mehr! Und das haben wir auch gekriegt: ein saftiges Debütalbum! Es ist laut, voller Gitarrenklänge und Schlagzeug und lässt alternativen Rock, wie er während unserer jüngeren Jahre leibte und lebte, wieder auferstehen. Wir garantieren Emotionen aller Art, die alle auf einmal reinknallen und die man auch reinknallen lassen will.

Wer von uns ganz bestimmt eine Goldmedaille kriegt: Pat Burgener – Work It Out

Wir schummeln hier ein wenig, denn Pat’s Single wurde nicht im Februar, sondern ziemlich gegen Ende Januar veröffentlicht. Aber das ist uns Wurscht, denn der Profisportler hat eine eigene happy Hymne produziert. Richtig gelesen: Pat Burgener nahm an den Olympischen Winterspielen in der Halfpipe teil und das nach einem Unfall und einer Knie-OP! Kein Wunder, dass sein verspielter, aufmunternder Song somit eine Ansage ans Leben darstellt: Ob in Peking oder in Zürich, die wahren Gewinne zählen nur wenn man die Steine, die einem das Leben in den Weg stellt, mit einem Lachen wegkickt.

Wessen Geschichten uns aufwühlen wird: Fräulein Luise – Marie

Für dieses Review müssen wir die Scherze beiseitelegen und ernst bleiben. Das Quartett Fräulein Luise veröffentlicht seine allererste Single. Die junge Zürcher Band verarbeitet darin ein schwieriges Thema, über welches selten Lieder geschrieben werden: sexuelle Gewalt. Spezifisch die traumatisierenden Erlebnisse, die einer Freundin der Band zugestossen sind. Wie, wieso und wann spricht man als Betroffene:r darüber? Und wie geht man als Zuhörer:in damit um? Auf Hochdeutsch und in Zweistimmigkeit singend, versuchen sie gemeinsam eine Antwort zu finden. Die Melodie ist direkt, läutet mit einer Gitarre die Hilflosigkeit der Freunde an, um dann plötzlich mit Krach und mehr Instrumenten den Ernst des Themas zu verdeutlichen – so, wie es die Maries der Welt wahrscheinlich gerne hören würden um zu wissen, dass sie nicht allein sind.