von Nadine Wenzlick

Mut ist eine Eigenschaft, die man Tom Smith und seiner Band Editors schon immer attestieren konnte. Nach ihrem für einen Mercury Prize nominierten Debüt „The Back Room“ und dem Nummer-1-Nachfolger „An End Has A Start“ drehte die britische Band ihren Indie-Rock auf ihrem dritten Album „In This Light And On This Evening“ mit Hilfe einer Armada an Synthesizern mal eben auf links und wagt seitdem stetig Neues. Mit „EBM“ allerdings legen die Editors nun ihr bisher wagemutigstes Album vor, denn es nimmt die Hörer mit auf einen berauschenden EBM-Trip. „Für einige Leute ist das vielleicht schockierend, denn das Album ist an manchen Stellen sicherlich aggressiv und in die Fresse“, weiss Sänger Tom Smith. „Verglichen mit dem, was wir vorher gemacht haben, sind einige Stücke auf jeden Fall ein grosser Schritt. Aber für uns fühlt es sich nach unserem letzten Album eher an wie eine natürliche Weiterentwicklung.“

Wir erinnern uns: An ihrem letzten Album „Violence“ und der wenig später veröffentlichten EP „The Blanck Mass Sessions“ haben die Editors mit Elektro-Industrial-Musiker Benjamin John Power gearbeitet. Power begann seine musikalische Karriere Anfang des Jahrtausends als eine Hälfte des Drone-Duos Fuck Buttons und macht seit 2011 unter dem Namen Blanck Mass eine Mischung aus Drone, Elektro und Industrial. Für „EBM“ – dessen Titel nicht nur eine Referenz an das Genre Electronic Body Music ist, sondern auch ein Akronym für Editors und Blanck Mass – machte die Band den Briten nun offiziell zum Bandmitglied. „2020 wurden wir gefragt, ob wir auf dem Pukkelpop Festival in Belgien neben unserer normalen Show auch noch ein zweites, etwas anderes Set spielen wollen würden“, erzählt Smith. „Uns kam die Idee, eine One-Off-Show mit Ben zu spielen. Dafür wollten wir einigen unserer alten Songs einen elektronischeren Anstrich verpassen, ein bisschen mehr Blanck Mass halt.“ Power sagte sofort zu und als die Planungen erst mal begonnen hatten, stand schnell fest, dass sie zusätzlich auch ein oder zwei neue Songs komponieren würden. „Doch dann kam Corona und wir erkannten, dass die Show nicht stattfinden würde“, so Smith weiter. „Die neuen Songs, an denen wir schon gearbeitet hatten, fühlten sich aber so aufregend an, dass wir einfach weitermachten. Ben servierte immer mehr Ideen und irgendwann merkten wir: Das fängt gerade an, sich wie ein neues Editors-Album anzufühlen.“

Wobei die Editors eben noch nie so elektronisch und brutal wie auf „EBM“ klangen. Zwar geht es mit dem Opener „Heart Attack“ vertraut los, doch danach fiepen und knarzen die Synthesizer nur so. Mal erinnern die Songs an The Cure, DAF oder Nitzer Ebb, dann an den brachialen Industrial-Sound von Nine Inch Nails, von denen Power grosser Fan ist. Zu Ende geht das Album schliesslich mit dem fast sieben Minuten langen Techno-Epos „Strange Intimacy“, bei dem man die Stroboskoplichter und den Kunstnebel vor dem inneren Auge quasi sehen kann. Er habe es genossen, sagt Smith, dass dieses Mal nicht jeder Song bei ihm anfing. Die Verantwortung für die Texte lag aber in seiner Hand. „Sie entstanden sehr intuitiv“, sagt er. „Ich kam dabei immer wieder zurück zu der Idee des Eskapismus. In den meisten Songs geht es darum – ob man sich nun in einer anderen Person verliert, einem Gefühl oder in Hedonismus so wie in ‚Karma Climb‘. Unsere Welt ist manchmal sehr angsteinflössend. Es fühlte sich logisch an, darüber zu schreiben, davon wegzulaufen und in seinem Kopf an einen anderen Ort zu reisen.“ Mit „EBM“ ist das auf jeden Fall sehr gut möglich.

Am 19. Oktober spielen die Editors im Volkshaus, Zürich. Zum Vorverkauf geht es HIER.