von Schimun Krausz

Wir würden andere Leute ja nie heimlich belauschen und wissen darum nicht genau, wie das erste Entwickler*innen-Meeting zu «Project Cars 3» abgelaufen ist. Aber nachdem wir eine ausführliche Testfahrt mit dem neusten Renner der Londoner Slightly Mad Studios unternommen haben, gehen wir davon aus, dass bei dieser Sitzung ungefähr Folgendes gesagt worden ist:

Studiobosse: «Hey, ihr wisst doch, wie sehr die Leute auf unsere steuerknüppelharten Motorsportsimulationen der ‹Project Cars›-Reihe abgefahren sind?»

Mitarbeiter*innen: «Voll. Der hohe Realismus-Grad hebt uns im Genre auch schön ab. So machen wir weiter, oder?»

S: «Plot Twist: Nein, wir werfen das alles über den Haufen, zünden es an und liefern als Nächstes einen arcadigen Racer wie die meisten unserer Konkurrenz-Studios.»

M: «WTF?! Öhm, okay, ist ja nie schlecht, etwas Neues auszuprobieren. So bleibt man spannend. Wie heben wir uns denn von den anderen Autorennspielen ab?»

S: «Abheben? Wieso sollten wir das wollen?»

M: «Damit die Leute das Game kaufen, vielleicht? Sonst können sie ja einfach bei ihren ‹Need for Speed›, ‹Forza› und ‹Grid› bleiben.»

S: «Hmpf, wenn’s sein muss. Lasst uns die Spieler*innen nicht nur fürs Gewinnen belohnen, sondern auch fürs Erfüllen kleiner Aufträge während der Rennen – zum Beispiel für eine bestimmte Zeit im Windschatten einer anderen Karre fahren.»

M: «Easy Idee. Und sonst?»

S: «Kommt, wir lassen die Leute genau einstellen, wie viele Fahrhilfen sie wollen und wie stark diese sein sollen. Wer alle deaktiviert, bekommt mehr Erfahrungspunkte und ist bizli näher beim Simulationsfeeling der Vorgänger. Ah, das mit den Erfahrungspunkten hatten wir bis jetzt ja gar nicht erwähnt, weil, yeah, wir haben jetzt auch Erfahrungspunkte, wie alle anderen.»

M: «Uff. Sollen wir wenigstens die Optik auf Hochglanz polieren?»

S: «Ach was, bei hohen Fahrgeschwindigkeiten lassen wir eh alles von einem Blur-Effekt verzerren. Die Umgebung darf also auf PS3-Niveau sein, beim Publikum am Streckenrand reicht das Detaillevel der originalen Xbox. Die Autos dürfen bei Kollisionen optische Schäden davontragen, ihre Performance soll aber unverändert bleiben – das wäre sonst nur zu glaubwürdig und aufwändig.»

M: «Ah, so sparen wir Ressourcen, die wir ins Kuratieren eines Killer-Soundtracks stecken können, clever!»

S: «Na, na, na, nicht so schnell. Der satte Motorensound übertönt eh alles, darum braucht’s nicht mehr als Standard-Techno-Gedudel. Denkt an Liftmusik, einfach noch ein wenig egaler.»

M: «Alright, dann sorgen wir einfach dafür, dass die Menüs superschnell laden und es nur wenige Schritte braucht, um zum Beispiel von der Karriere in die Autogarage für Upgrades und so zu gelangen, dann fällt die Musik nicht so auf.»

S: «LOL, nein, untersteht euch. Wir hätten dafür gerne eine lächerlich grosse Auswahl an Nummernschild-Designs.»

Tja und so ist «Project Cars 3» mit Vollgas in die Racing-Durchschnittlichkeit gerast. Allerdings: Wenn du mit den ambitionierten Vorgänger-Titeln eh nichts anfangen konntest und einfach neues Motorsport-Futter willst, das dich nicht unbedingt aus deinen Fahrersocken pusten muss, könntest du weitaus grössere Fehlkäufe als diesen machen – mit über 200 Wagen und mehr als 120 Strecken in rund 50 Locations wird dir quantitativ immerhin durchaus etwas geboten.

Und eben, die Nummernschild-Auswahl sucht im Genre ihresgleichen. Auf unserem steht oben «I burn rubber» und so beschreiben wir auch jeweils unsere sexuelle Leistungsfähigkeit.