von Christian K. L. Fischer

Manche Dinge müssen sich einfach ändern: „Wir haben eigentlich nie mit einem Label übereingestimmt. Und ich komme überhaupt nicht gut mit Autoritäten klar“, lacht Josh Lloyd auf die Frage, warum Jungle nun nach all den erfolgreichen Jahren auch noch ein eigenes Label aufmachen mussten. „Am Anfang brauchst du sie einfach, weil dich noch niemand kennt. Sie können dich positionieren. Aber danach merkst du schnell, dass das Ganze ein sehr, sehr unfaires System ist.“ Und wenn heutzutage schon die jüngsten aufstrebenden Künstler den Mittelsmann namens Label nicht mehr brauchen und alles alleine stemmen, können sich ja alteingesessene Bandprojekte erst recht frei machen. „Die Technologie gibt dir den direkten Kontakt zum Fan und Kunden – warum also sollte diese Firma 80 Prozent meiner Einnahmen bekommen?“

Andere Dinge hingegen bleiben gleich: Wie die Art und Weise, auf die die lebenslangen Freunde Josh und Tom McFarland zusammen seit 2013 Funk und Soul zu Pop machen und dabei ganz unprätentiös mit mächtigen Synthies eingängige Melodien zaubern. Never change a running system, besonders wenn man mit Preisen und vollen Tanzflächen verwöhnt wird. Und Himmel, sogar ihre Art von minimalistischem Cover, einfach nur mit dem Logo ihrer Band vorne drauf, ist weiterhin absolut unverändert – abgesehen von der Hintergrundfarbe. „Es ist grösser als wie beide“, findet Josh und sieht Jungle da durchaus als eigene Marke. Doch vor allem: „Wir wollen uns selbst nicht auf dem Cover sehen. Wir sind eher Einsiedler – wir mögen das Scheinwerferlicht gar nicht.“

Ihr drittes Album „Loving In Stereo“ (erscheint am 13. August) unterscheidet sich eigentlich nur dadurch von den beiden Vorgängern, dass es recht lange reifen konnte, denn ein Grossteil des Werks war schon fertig, bevor die Welt runtergefahren wurde. Viele Tracks wurden dadurch aber einfach nur besser, stellten sie fest. „Wir hatten viel Zeit zu reflektieren, auch wenn die erste Idee praktisch immer die beste ist. Sie kommt aus dem Funken der echten Inspiration.“ Als Beispiel nennt er gleich den vielleicht beeindruckendsten neuen Song, den Closer „Can‘t Stop The Stars“, der sich an den epischen Soultracks der 70er orientiert. „Er klang von Anfang an fast heilig. Eigentlich galt es immer nur, noch etwas zu ergänzen, etwas Finesse hinzuzufügen. Aber auf keinen Fall ihn zu versauen.“ Zu der Aufnahme gehörte dann am Ende auch ein Orchester und „nachdem wir das arrangiert hatten, habe ich geweint. Ich weine sonst nie einfach aufgrund unserer Musik – aber das war zu viel.“ Das der Song letztlich in einer Kirche in Nord-London aufgenommen wurde, war dann nur konsequent.

Trotzdem ist auch dieser Track kaum länger als die durchschnittlich drei Minuten, die die Lieder von Jungle schon immer eingehalten haben – lange bevor die Spotify-Realität Songs immer weiter verkürzte. „Ich mag es, wenn die Ideen knapp bleiben. Vielleicht liegt es an meinem ADHS, aber wenn sich ein Lied wiederholt, frage ich mich, was wir hier eigentlich machen. Grossartige Songs entstehen aus einem Element – dem guten Element.“ Und ein Track funktioniert nach dem Muster: Dieser gute Teil kommt, dann nimmt man ihn weg, dann kommt er wieder, dann nimmt man ihn weg … „Es ist wie Sex. Überhaupt: alles ist tention and release, Spannungsaufbau und Spannungslösung. Filme, Bücher – auch mit Fussball ist es das gleiche.“ Und das funktioniert auf den drei Minuten ganz hervorragend, findet er, vor allem wenn man diese gut gelaunte Art von Dance-Pop macht. Und wirklich, das muss sich auch auf keinen Fall ändern.