von Christian K.L. Fischer

Klar, auch Mando Diao bekamen die Pandemie mit voller Kraft zu spüren, aber sie kommen trotzdem nicht auf die Idee zu klagen. Im Gegenteil: „Wir haben wahnsinnig viel Musik aufgenommen – und viel Rotwein getrunken“, lachen sie. „Und wir bekamen staatliche Unterstützung hier in Schweden. Es war in Ordnung für uns. Nicht immer nur Spass, aber im Studio war es super. Wir sind froh über all das, was wir machen konnten.“ Das geht sogar so weit, dass sie sich heutzutage als „Mando Diao 2.0“ bezeichnen. „Wir sind jetzt viel besser live und wir machen bessere Musik!“

Was vielleicht an der Art und Weise liegt, wie sie diese neuen Songs entwickelt und aufgenommen haben: nämlich wahnsinnig schnell. Sie trafen sich direkt im Studio und begannen, frisch einen neuen Song zu kreieren – und am Ende des Tages nahmen sie ihn direkt auf. „Wir sind einfach so flink, aber sonst wäre es auch ein Albtraum. Zu lange zu benötigen ist nicht gut, weil man schnell den Ursprung der Idee verliert. Je länger wir brauchten, desto schlechter wurde das Album.“

Diese Arbeitsweise bedeutet dabei nicht einmal Stress für sie, „weil wir uns das so ausgesucht haben. Und wir brauchen einfach nicht so viel Zeit! Manche sind nie zufrieden und machen immer weiter und weiter. Wir sind mehr wie Jazzmusiker, wir kreieren im Moment. Wenn wir einen Song wegwerfen, dann nicht, weil das Take schlecht ist, sondern weil der Songs selbst schlecht war.“ Ausserdem haben sie festgestellt, dass es ihnen nicht viel Freude bereitet, mit einem Produzenten zu arbeiten, der sie kontrollieren will. „Das tötet die Kreativität!“

Die Ergebnisse klingen dann auch extrem direkt und fast wild in ihrer Entschlossenheit, die Energie dieser Tagesproduktionen spürbar zu machen. Ob so erdig und bluesrockig wie auf „Primal Call“ oder klassisch hart und Rock‘n Roll wie auf „Charlie“ – das Konzept schien zu sein: back to basics – aber das so laut wie nur möglich! „Forward to basics“, korrigiert die Band lachend diese Idee.

Interessanterweise haben sie sich dazu entschlossen, die neuen Songs nicht einfach auf ein Album zu packen, wie es ihre Fans gewohnt sind, sondern kleine EPs zu formen, die sie nach und nach veröffentlichen: „Stop The Train Vol. 1“ erschien bereits im Mai, gerade kam „Primal Call Vol. 2“ heraus und ein dritter Teil erwartet uns Anfang kommenden Jahres. „Die Menschen haben eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne“, erklären sie ihre Entscheidung für dieses Konzept. „Und wir haben festgestellt, dass es uns genauso geht – wir hören auch keine Alben mehr durch.“

Sie möchten trotzdem, dass ihre Songs mit dem grösstmöglichen Fokus aufgenommen werden, weshalb sie es ihren Fans einfach machen wollen. „Wenn du einen Job hast und Kinder usw., wann sollst du denn dazu kommen, in Ruhe ein ganzes Album zu hören?“ Trotzdem werden natürlich am Ende des Zyklus alle EPs in einem Gesamtwerk erscheinen und sie freuen sich auch auf dieses Ergebnis. „Am Ende wird das so gut sein!“

Doch wie gehen sie damit um, die vierzig überschritten zu haben und dann auch noch ihr 20-jähriges Bandjubiläum zu feiern? „Wir sind sind die Rolling Stones unsere Zeit“, antworten sie wieder lachend. „Wir machen das so lange, wie wir es zusammen machen möchten.“ Denn dadurch, das sie nicht ewig im Studio aneinander kleben, laufen sie wenig Gefahr, sich auf die Nerven zu gehen. Ausserdem sehen sie das alles auch ein wenig philosophisch: „Musik ist das einzige, das nicht stirbt!“ Das allein ist Grund genug, nicht mir ihr aufzuhören.