von Sascha Gala Mikic

Woher kommt die Idee für den Namen «Moonpools»?

Marcie: Der Ursprung ist nicht ultrakreativ. Ich habe bloss die Vor- und Nachnamen von mir, Jasper (Drums) und Francesco (Keyboard) in einen online «Anagram-Creator» eingegeben und dabei sind unter anderem «moon» und «pools» rausgekommen.

Auf Facebook heisst es, dass ihr Freunde seid, die seit 2016 Musik machen. Aber wie ist es ganz genau dazu gekommen? Wer hatte die Idee und wie sahen eure ersten Schritte in der Musikbranche aus?

Marcie: Nachdem sich meine erste Band The Oh No’s aufgelöst hatte, entschieden der Keyborder Francesco und ich, weiterhin zusammen Musik zu machen. So entstand Moonpools und schnell sind drei Jahre vergangen, in denen mein Bruder am Schlagzeug und David als Bassist dazu stiessen. Die heutige Konstellation der Band mit Matthias an der Gitarre existiert offiziell erst seit 2018. In dieser Zeit habe ich mich nicht selten gefragt, wieso ich immer noch Musik mache (lacht).

Echt? Dabei spielst du auch in anderen Bands mit…

Marcie: Ja, ich mein das natürlich nur teilweise ernst. Wir arbeiten alle an diversen musikalischen Projekten mit und machen das sehr gerne. Das Musikschaffen in all seinen Facetten ist spannend und deswegen ein schöner Ausgleich zu unseren anderen Berufen.

Man kann euren Stil als Shoegaze bezeichnen und man hört definitiv auch Einflüsse von Hatchie oder Soccer Mommy. Aber was zieht euch so an dem Stil an?

Marcie: Oft versucht man sich nach etwas zu richten oder streben, was einem gefällt, und mich begleitet dieser Stil sehr.

Matthias: Spannend ist ja, dass dieser Stil fast schon romantische und kitschige Elemente besitzt, die euphorisch sind, aber gleichzeitig eine Schwermut und Trauer beinhalten. Und diese Mischung tritt am meisten in den Arrangements hervor, ikonisch dafür ist die Verzerrung und teilweise auch Entfremdung der Gitarre.

Marcie: Genau, es handelt sich um Kontraste, an denen wir interessiert sind. Zum Beispiel, wenn man während eines Konzerts lächelt und sich gleichzeitig eine Träne wegwischt.

Solche Kontraste zusammen zu bringen stell ich mir schwierig vor. Wie sieht euer kreativer Prozess aus?

Marcie: Ich glaube, das Verschmelzen der Kontraste geschieht oft unbewusst. Meistens habe ich Harmonien, den Text und Melodie geschrieben und dann wurde im Bandraum um diese Ideen herumgebastelt. Aber heutzutage arbeiten wir mit anderen Herangehensweisen. Oftmals produziert Matthias einen Song vor und ich schreibe anschliessend Text und Melodie dazu.

Matthias: Ich glaube, so wie ich die Vorproduktion arrangiere, geht’s viel gradliniger in Richtung Shoegaze. Meine Kontribution ist weniger romantisch, doch diese Attribute werden dann zum Beispiel durch Marcies Texte oder Francescos Synthielines beigesteuert.

Im Kontrast zu eurem zielgerichteten Musikstil stehen die Themen der Lyrics. Zwei Songs auf eurer EP «Damaged Goods» sind doch recht dark, während die anderen beiden vom ersten Moment des sich Verliebens handeln. Wie erklärt ihr diesen drastischen Unterschied?

Marcie: Ich finde es spannend, über etwas Trauriges zu singen, ohne es melodisch in Moll-Tönen wiedergeben zu müssen. Die Lyrics sind für mich wie eine Therapiestunde, da kann ich Sachen innerlich loswerden.

Matthias: „Damaged Goods“ ist aus sehr viel Intuition entstanden. Wir verwendeten jeweils die erste Line, die im Jam von jemandem gespielt wurde. Das ist eine sehr spontane, intuitive und genau deswegen sehr authentische Produktionsweise.

Das hört sich sehr harmonisch an und so, als ob ihr nicht viel Zeit gebraucht hättet, um «Damaged Goods» in den Kasten zu bekommen. Was habt ihr in den letzten drei Jahren seitdem eure erste EP veröffentlicht wurde gemacht?

Marcie: Oh, wir haben bestimmt auch neue Songs einstudiert! Auf der EP ist somit nicht die gesamte Arbeit der letzten drei Jahre zu hören. Man reflektiert über die Zeit im Studio. Wenn wir monatelang am Stück an etwas herum getüftelt haben, merkt man, wie rasant die Zeit doch vorbeigeht! Das nahm ich ganz fest während der Pandemie wahr; das Gefühl von Müdigkeit konnte mich übermannen, weil ich jeweils nach der Entstehung von neuem Material etwas damit anstellen wollte, aber nicht konnte.

„Feel“ beschreibt eine Hilflosigkeit – wie in der Strophe „Can someone show me how to feel / I wanna feel something / I wanna feel real” zu hören ist -, die man eigentlich von Depressionen kennt. Inwiefern wart ihr davon betroffen?

Marcie: Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie es dazu kommt, dass ich solche Strophen raushaue. Ich bin mir bewusst, dass einige Ideen fast schon zu persönlich sind, um sie der ganzen Welt zu offenbaren. Doch dieses Lied ist alt, das habe ich noch damals in der Schule geschrieben. Zu der Zeit fühlte ich eine starke Apathie und Hilflosigkeit und musste das Ganze externalisieren. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass ich es etwas auf die Spitzen treiben wollte; dies ist bei der Entstehung meiner Texte mittlerweile fast schon zu einer Art Rahmenbedingung geworden. Anfangs brauchte ich noch mehr Mut, diesen und andere Songs zu singen. Aber in letzter Zeit kann ich mich besser auf diese Momente einlassen. Ich muss mich während des Singens nicht von jedem Wort und den damit verbundenen Emotionen erdrücken lassen.

Geht ihr somit bewusst in ein Alter Ego rein oder in eine Bubble, wenn ihr auf der Bühne seid?

Matthias: Ich kann nachvollziehen, wieso Musiker:innen das machen. Du bist viel persönlicher auf der Bühne. Für mich als Instrumentalisten hingegen ist die Erfahrung vielleicht etwas anders; ich versuche authentisch zu sein auf der Bühne, aber auch nicht zu viel meines Egos mitzunehmen, um als „geile Siech“ angesehen zu werden. Das wäre kontraproduktiv, denn schlussendlich sehe ich meine Aufgabe als Instrumentalist darin, der Musik zu dienen.

Marcie: Das einzig wichtige ist, authentisch zu sein und zu spüren, was passiert. Das beinhaltet für mich jedoch paradoxerweise, dass ich mich von den Texten abgrenzen muss. Sonst werde ich zu verletzlich und ich will ja nicht auf der Bühne losheulen (lacht). Somit würde ich mich selbst nicht als grosse Performerin bezeichnen.

Der Titelsong „Damaged Goods“ hat etwas trotzig-herabwürdigendes und selbstironisches an sich. Würdet ihr sagen, dass der Song ein Statement gegen Erwartungen ist, die man nicht erfüllen kann?

Matthias: Oder erfüllen will (lacht). Ja, ich glaube schon, dass es u.a. ein Statement gegen die Leistungsgesellschaft ist.

Marcie: Klar, das Lied will auch anerkennen, dass es okay ist, wenn man nicht alles im Griff hat. Es beinhaltet quasi eine der Kernaussage unseres musikalischen Schaffens: Does anyone know what they’re doing oder tun wir alle bloss so?

Gibt es Situationen, die ihr als Band oder generell in der Musikbranche schwierig zu meistern findet?

Marcie: Ich kriege manchmal Lampenfieber kurz vor einem Konzert und ab und zu finde ich die Bandproben etwas mühsam. Das liegt daran, dass es lange dauern kann, bis ein Song sein Endstadium erreicht. Aber wenn man viel Zeit und Nerven in etwas investiert, dann ist auch der Ertrag dementsprechend gross.

Und über welche Kleinigkeiten in eurem Dasein als Band erfreut ihr euch?

Matthias: Ich freue mich darüber, wenn es uns gelingt, das Publikum mitzureissen. Denn das beweist uns, dass wir qualitativ besser geworden sind und mehr Vertrauen in unsere Musik haben. Anfangs ist man noch scheu, wenn man im Rampenlicht steht und weiss unter Umständen nicht genau, wie man das Hörbare nun visuell verkörpern soll. Doch das ändert sich, wenn man in seine Musik hineingewachsen ist.

Marcie: Über alle Kleinigkeiten! (lacht) Am schönsten ist es, wenn ich merke, dass ich durch meine Musik zu anderen Menschen eine Verbindung aufbauen kann.

Welchen Live-Auftritt habt ihr bisher am meisten genossen?

Matthias: Ganz klar die Winterthurer Musikfestwochen. Wir waren noch nie dort, weder als Gäste noch als Musiker:innen. Dieses Jahr wurden wir als letzter Act des Tages im Albani gebucht und wir waren völlig überwältigt vom Publikum und der Stimmung!

Marcie: Die Energie war krass und zugleich hat sich das Konzert auch intim angefühlt. Wir hatten während und nach dem Konzert sehr viel Spass mit den Menschen. Es wurde getanzt und gejohlt; ein unvergesslicher Abend.

Ihr seid auch neben euren Musikprojekten noch anderweitig beschäftigt. Wollt ihr in Zukunft nur von der Musik leben?

Matthias: Oh je, das weiss man ja nicht! (lacht) Mein anderer Job bereichert mich auf seine Art und Weise auch sehr und es könnte sein, dass mir diese Bereicherung fehlen würde, wenn ich lediglich als Musiker mein Brot verdiente. Sagen wir’s so: Auch wenn es ein mögliches Ziel wäre, nur vom Musikspielen zu leben, ich wüsste nicht, ob es mir dann unbedingt besser ginge.

Marcie: Ich hätte gerne mehr Zeit für Musik oder grössere Konzerte, denn ich renne momentan zwischen zwei Sachen hin und her. Aber ich kann mich noch nicht ganz mit der Idee, nur Musik zu lieben und leben, identifizieren.