Times New Roman ist die Missionarsstellung unter den Schriftarten. Als Standardsetting vieler Textverarbeitungsprogramme sind die braven Lettertypen ein vertrauter, mitunter langweiliger Anblick. Was ist also von einem Album zu halten, das «In Times New Roman» veröffentlicht wird? Erst recht von einer Band, die schon so lange im Geschäft ist wie die Fackelträger des Stoner Rocks? Tatsächlich konzentrieren sich Queens of the Stone Age mit ihrem achten Longplayer auf bekannte Stärken. Nachdem sie auf dem letzten Release «Villains» (2017) mit Beihilfe von Pop-Superproducer Mark Ronson teilweise geradezu, äh, funky boppten, ist hier wieder die fauchende Gitarre King bzw. Queen und die Post-Grunge-Flagge weht im Wind der Stoner Desert.

Zwar besinnen sich die Queens of the Stone Age wieder vermehrt auf ihre Wurzeln, gleichzeitig wuchern diese aber auch in neuen und abenteuerlichen Wendungen in ungeahnte Tiefen. Jeder Song hält mindestens eine Überraschung bereit. Ein Riff, ein Solo, ein Beat, springt plötzlich aus der Dunkelheit und nimmt dich nach dem halsbrecherischen Kurswechsel auf eine trippy Tour de Force. Der Torf aus sechzig Jahren Rockmusikgeschichte lässt hier fantastische Farben aufblühen.

Doch wie das so ist, wenn man die Wurzeln behandelt, kann das auch ganz schön weh tun.

Schmerz & Heilung

Denn «In Times New Roman» ist auch das Resultat aus einer von Bandgründer Josh Hommes schwierigsten Lebensphasen. Ende 2019 begann ein schmutziger Scheidungskrieg mit Ex-Partnerin Brody Dalle. Dieser führte ihn unter anderem in den Alkohol- und Drogenentzug, löste mehrere gegenseitige einstweilige Verfügungen aus und generierte klebrigen Gossip-Saft für die Klatschpresse. Inzwischen hat Homme das alleinige Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder, die mit ihm und seinen Eltern wohnen.

Zur selben Zeit trennte sich Homme auch von seinen geliebten Pink Duck Studios, wo Teile von «In Times New Roman» eingespielt wurden. Ebenso galt es Abschied zu nehmen von Foo Fighters Drummer Taylor Hawkins und Screaming Trees Sänger Mark Lanegan, beides enge Freunde sowie zeitweise Kollaborateure Hommes. Und schliesslich streckte der Tod selbst seine Hand nach dem 50-jährigen Kalifornier aus: Jüngst gab er bekannt, letztes Jahr an Krebs erkrankt zu sein. Der Tumor konnte jedoch operativ entfernt werden.

Seine «Emotion Sickness» exorziert Homme textlich mit der ersten Vorab-Single. Der Mann, der inzwischen aussieht, als hätten sich D’Artagnans Kumpels zu einem gigantischen Mecha-Musketier zusammengesetzt, leckt seine Wunden nicht. Stattdessen lässt Josh Homme sie unter der heissen Sonne trocknen und gerben. Und eine Band wie seine, die in der Wüste geboren wurde, bleibt eben genau das: unverwüstlich.