von Sascha Gala Mikic

Ende September ist das zweite Album “Peace” von der Berner Band  Sirens of Lesbos erschienen. Wir haben mit den Mitgliedern Nabyla Serag und Arci Friede geplaudert und herausgefunden, weswegen sie gerne Arrangements für ihre Tracks verwenden, woher die Idee für den Bandnamen kommt und wie es zu den Kollaborationen mit Bootsy Collins und Erick The Architect kam.

Guten Morgen! Wie gehts euch?

Arci: Bin leider erkältet.

Nabyla: Und ich konnte letzte Nacht nicht gut schlafen.

Oh, das hört sich ja an, als wärt ihr nicht nur als Band, sondern auch im Geiste miteinander verbunden. Woher kennt ihr euch eigentlich?

Arci: Jasmina (Nabylas Schwester, die auch in der Band singt) und ich sind seit 15 Jahren liiert. Melvyn (Produzent) kenne ich seit fast über 20 Jahren, wir haben schon von jung auf viel miteinander gearbeitet. In dieser losen Konstellation von uns dreien begann die Band sich langsam und über die Jahre zu formieren. Es war also nicht so, als hätten sich fünf Freunde an den Tisch gesetzt und gesagt: “Wir gründen eine Band und werden berühmt”.

Was war denn die subjektive Inspiration von euch beiden, sich generell mit Musik zu beschäftigen?

Nabyla: Ich finde, die Inspiration ändert sich phasenweise. Mittlerweile ist es so, dass ich die Musik nutze, um mich ausdrücken zu können oder, im Kontext der Band, dass wir uns alle ausdrücken können. Egal was man rauslassen will, man kann es tun.

Wie geht ihr mit kreativen Differenzen um?

Nabyla: Wir reden darüber. Unser Sinn für Kommunikation ist wirklich gut, was vielleicht nicht so selbstverständlich ist. Die Priorität liegt darin, einen guten Kontext zu schaffen.

Woher kommt eigentlich die Idee für den Bandnamen?

Arci: Das war eigentlich ein Furz (grinst). Wir hatten ein paar Lieder, die wir herumgeschickt haben. Dann kam das Berliner Label auf uns zu und sagte, sie würden gerne mit uns arbeiten wollen und gab uns drei Tage Zeit, einen Namen für die Band zu finden. Sirens of Lesbos sollte eigentlich nicht unbedingt uns und unsere Musik repräsentieren, es geht eher darum, dass der Name den Leser:innen sofort ins Auge sticht. Und vielleicht können wir dadurch ein Narrativ rund um den Namen auf die Beine stellen..

Jeder von euch hat innerhalb der Band spezifische Rollen, sei es Produktion, Singen oder künstlerische Leitung. Wie sieht somit der Prozess des Songwritings aus, wenn ihr alle zusammenkommt? 

Nabyla: Das ist zwar unterschiedlich, aber wir haben auch ein paar “festgesetzte” Rollen. Zum Beispiel schreibt Arci die Lyrics, die wir in der Gruppe bearbeiten. Ich singe, also wird mir meistens eine Melodie vorgegeben oder umgekehrt, ich leite manchmal eventuell die Melodie. Es kommt auch darauf an, wo man sich im Prozess des Songwritings befindet, denn je nach Phase kann jemand anderes mehr zur Fertigstellung des Tracks beitragen.

Inwiefern würdet ihr sagen, dass sich eure Musik seit der ersten Albumveröffentlichung “SOL” (2020)  verändert hat? Weswegen hat sie sich oder hat sie sich nicht verändert?

Arci: Hmm, irgendeine Weiterentwicklung hat schon stattgefunden. Was sich bestimmt verändert hat, ist die Herangehensweise an unsere Projekte. Das erste Album war ja eigentlich wie ein Résumé oder Compilation aller Produktionen, die wir in den Jahren davor auf die Beine gebracht haben. Doch beim zweiten Album war wirklich die Idee, dass man von 0 anfängt und ein Konzept entwickelt. Persönlich würde ich auch gerne meinen, dass die Produktion der einzelnen Songs jetzt beim zweiten Album unverkrampfter vonstattenging. Ich hatte zum Beispiel nicht mehr den Drang, mich intellektuell und unbedingt zugänglich ausdrücken zu müssen. Es ging öfter darum, dass ein Song einfach auch bloss gut tönen kann und dass das an und für sich genügt.

Nabyla: Ja, beim ersten Album ging es auch noch darum, herauszufinden, wer wir als Band überhaupt sind. Alles, was danach kam, war viel entspannter.

Das hört sich so an, als hättet ihr einen inneren Frieden gefunden. Heisst deswegen euer zweites Album “Peace”?

Nabyla: Das ist sicher ein Aspekt von Frieden, man kann den Begriff sehr verschieden kontextualisieren. Wir haben uns auch gedacht, dass das Thema “Frieden” sich als roter Faden durch das Album schlängelt.

Woher kommt diese Vorliebe fürs Remixen, Arrangieren, Samplen etc., die all eure Veröffentlichungen prägt? 

Arci: Das hat man uns beim SRF in deren Podcast auch gefragt. Aber vielleicht sind wir im Umgang mit unseren Inspirationen ehrlicher als andere? Jeder scheint heute wie damals zum Beispiel Arrangements oder Textpassagen von anderen Songs zu übernehmen. Ich finde, es ist von uns wie eine offensichtliche Hommage an unsere Inspirationen und ein Teilen von Musik. Ich finde nicht, dass dieses Samplen und Remixen unsere Band von anderen mega distinguiert.

Du sagst, dass das Teilen von Musik wichtig ist: “Peace” weist einige Kollaborationen mit wahren Grössen in der Branche auf, wie zum Beispiel Erick The Architect oder Bootsy Collins. Wie kam es dazu?

Nabyla: Es war nicht so, als wollten wir von Anfang an kollaborieren. Wenn wir einen Song grob fertig hatten, merkten wir: “Hmm, wäre noch schön, den Input eines anderen Menschen zu haben”, denn davon kann man ja nur profitieren. In dem Moment muss man dann einfach Leute und Labels und Managements anfragen.

Arci: Ich checke sehr oft ab, was es alles gibt in der Branche bzw. wer wo gerade am Start ist. Man muss viel recherchieren und anfragen. Aber dadurch, dass wir beim ersten Album bereits mit einigen grösseren Namen kollaboriert hatten, wurde uns eine Tür geöffnet, die es ein Spürchen leichter machte, auf neue Artists zuzukommen.

Mit wem würdet ihr denn in Zukunft gerne kollaborieren?

Arci: (nach einer Pause) Kendrick Lamar oder David Byrne. Eine schwierige Frage, denn es gibt unzählige Leute. Man müsste uns fast schon drei Stunden lang einsperren, damit wir alle Namen nennen könnten (lacht).